Germany's Next Topmodel - Staffel 14 Folge 9

A star is born

 

Das Allerwichtigste gleich vorweg: Caroline hat einen Satz gesprochen! Einen ganzen Satz! Subjekt, Prädikat, Objekt, alles, was das Grammatikerherz begehrt. Die ganze Palette. Was genau sie gesagt hat, wissen wir nicht. Zu schockiert waren wir von dem Moment, als das Mädchen, das heimlich still und leise bald in die Top 10 einziehen wird, in Großaufnahme am Bildschirm für mindestens dreieinhalb Sekunden munter vor sich hinplapperte und es damit – nach neun Wochen – endlich ins Fernsehen schaffte. Ich für meinen Teil bin jetzt Fan. Ich und die zwölftausend anderen Einzelkämpfer, die nach diesem Auftritt beschlossen haben, der Unglückseligen auf Instagram zu folgen. Dort äußerte sie sich übrigens hocherfreut, endlich mehr Sendezeit zugeteilt bekommen zu haben als Theresias Stofftier Herbert. Doch wer weiß? Vielleicht werden wir bald Zeuge, wenn zwischen Caroline und Heidi Klum der erste Wortwechsel fällt? Vorausgesetzt jemand macht die Modelmama endlich darauf aufmerksam, dass sie einen blinden Passagier mit an Bord hat, der noch nicht einmal die Ehre hatte, einen gesponserten Lipton-Eistee vor laufender Kamera zu schlürfen.

 

We love to entertain you

 

Woche neun steht unter dem Motto „We love to entertain you”. Reicht es für Prosieben schlicht nicht, wenn es nur Rita Ora nach jeden Werbespot in die Kamera quäkt. In eine Edition packen konnte man den Slogan leider nicht, wobei sich Fremdschäm-Edition durchaus angeboten hätte. Es werden also die größten Talente ausgepackt, die letzten Patzen Personality rausgepresst und der allerinnerste Schweinehund überwunden. Kurz: Die ideale Woche für Justine. Hatte die jetzt aber wirklich genug Zeit, auf dem Weg von Miami zurück nach Los Angeles ihre liegen gebliebene Persönlichkeit aufzugabeln.

 

„Als Model muss man extrovertiert sein“, erklärt Heidi, die sich nicht nehmen lässt, ihr größtes Talent unter Beweis zu stellen – und es ist nicht vier Monate Medien-Dauerpräsenz aufgrund von potentiellen Schwangerschaften oder Nicht-Schwangerschaften. Und gottseidank hat es auch nichts mit Gesang zu tun – hat mir ihre Version von „Diamonds are a girl’s best friend“ vergangene Episode schon den letzten Nerv gekostet. Nein, viel besser: Sie kann mit dem Busen wackeln. Etwas, das mich sofort veranlasste, es selbst zu probieren. Und siehe da: ich kann es nicht, wage aber zu behaupten, dass ich nicht die Einzige war, die es versucht hat der Klum in dem Moment gleichzutun.

 

Der wahre Grund, warum „Wetten, dass ..?“ zu Grunde ging

 

Zur Unterstützung zaubert Heidi wieder einen wahren Meister des Entertainments aus dem Ärmel. Es ist allerdings nicht Robbie Williams, der mit seinem Hit „Let me entertain you“ mein erster Impuls gewesen wäre. Wobei er zugegeben beim Zielpublikum der Zehn- bis Zwanzigjährigen wohl eine kurze Vorstellungssequenz gebraucht hätte, um wiedererkannt zu werden. Selbiges gilt für den tatsächlich geladenen Kapazunder des guten Entertainments: Thomas „Seniorenverein“ Gottschalk. Da Theresia besondere Kenntnis besitzt, was Thomasse vom alten Eisen betrifft, rührt sie die Werbetrommel um die immense Prominenz des Gastjurors und streckt ihm kurz nach der Begrüßung schon den nackten Hintern entgegen. Beim letzten Thomas fünfzig plus dürfte das ja gut angekommen sein.

 

Thomas G. (Punkt) ist hier, um den Mädchen Tipps zu geben, eine unterhaltsame Bühnenshow, bestehend aus Tanz, Gesang, Comedy und Improvisation, auf die Beine zu stellen. Dabei ist ihm besonders wichtig, dass keines der Mädchen sich blamiert, vorgeführt vorkommt oder gar scheitert. Und jetzt wissen wir, warum aus „Wetten, dass ..?“ über kurz oder lang nichts werden konnte. Ein Glück, dass es die Leute von Prosieben gibt, die auf nichts anderes abzielen, als dass die Mädchen sich blamieren, vorgeführt vorkommen und zum Grande Finale erbärmlich scheitern. (Ich sage nur: Vorhang auf für Justine.) Hätten die sich mal „Wetten, dass ..?“ unter den Nagel gerissen, dann wäre uns dieses ganze Markus-Lanz-Schlamassel erspart geblieben.

 

Zur Abwechslung mal wieder sexy

 

Geshootet wird diese Woche zweimal. Die erste Chance wartet beim Casting der Zeitschrift „Elle“, deren Chefredakteurin – ohne Witz – ein ideales Double der Single-Bells-Oma Lilibet hätte sein können. Die Aufgabenstellung ist klar: Im Burlesque-Stil sich grazil und erotisch in einem gigantischen Champagnerglas räkeln. Oder wie es Curvy-Model Julia versteht: Mit vollem Karacho hineinspringen und dabei mindestens genauso viel plantschen und danebenschütten, wie meine kürzlich geborene Nichte Charlotte beim allabendlichen Badewannenbesuch. Auch die Castingdirektorinnen sind wenig begeistert von Julias Interpretation – sind akrobatische Burlesque-Skills in einer Schampus-Schale wirklich notwendig für das Sommerkleid-Shooting, das am nächsten Tag in einem stinknormalen Fotostudio stattfindet. Also entscheiden sie sich gegen das Curvy-Model und nehmen stattdessen Alicija, deren Kampagne diesmal hoffentlich nicht ganz Deutschland in Aufruhr versetzen wird, und Vanessa. Einfach aus dem Grund, weil jeder Vanessa nimmt. Hat man bei Gigi Hadid und  Kendall Jenner schließlich auch so gemacht, zumindest bis man entdeckte, dass Cindy Crawford auch eine hübsche Tochter hat, deren Beine noch dünner sind als die von Conchita Wurst, und Hailey Baldwin – ebenfalls Tochter eines berühmten Elternteils – plötzlich mit noch berühmterem Verlobten und jetzt Ehemann aufwartete.

 

Immer diese Schlangen im Modelbusiness

 

Beim Shooting der Woche wartet ein weiterer Beruf, den es für Frauen scheinbar nur in der Sexy-Variante gibt: die Zirkusdirektorin. Und weil Sexy-Sein allein sowieso jede Woche am Programm steht, heißt es diesmal, Sexy-Sein mit Schuppenkriechtier auf dem Kopf. So wirklich aus der Reserve lockt das aber keine, bis auf Drama-Queen Simi. Sind Schlangen im Model-Biz – ob in menschlicher oder tierischer Ausprägung – gar zu alltäglich. Um etwaig spontan aufkommende Ängste zu besänftigen, weist Heidi trotzdem darauf hin, dass der Schlangentrainer beim Fotoshoot immer an ihrer Seite sein wird. Nur so sei garantiert, dass den Schlangen auch wirklich nichts passieren kann. Puh! Das war bestimmt auch die größte Sorge der Mädchen. Simi, die nicht ausreichend beruhigt von dieser Info zu sein scheint, gesteht Heidi und dem Fotografen ihre Phobie – die sich wohlgemerkt nicht darauf bezieht, die Schlange verletzen zu können. Heidi weiß der Armen zu helfen. Und hängt ihr kurzerhand ALLE Schlangen um, die sie finden kann. Und wieder einmal möchte ich festhalten: Selbst wenn ich nur noch mit dem kleinen Finger an einer Klippe hänge, und unter mir, wie in „Herr der Ringe“, das Magma bedrohlich vor sich hinbrodelt, und Gollum nur darauf wartet, mir auch noch den letzten, lebensrettenden Finger abzubeißen, auch dann bete ich zu Gott, dass Heidi nicht vorbeikommt, um mir zu helfen. Es kann nur schlimmer werden.

 

Eine Stimmung wie beim Finale auf Mallorca

 

Da üben die Mädchen tagelang und dann wartet bei der großen Talente-Show ein ausgewähltes Publikum von vierzehn gestrandeten Touristen, die kein Ticket für die Fünfzehn-Uhr-Hop-on-Hop-off-Tour über den Hollywood Boulevard ergattert haben. Julia beschließt, dass es sich für diesen Mist nicht lohnt, aus dem Bett zu steigen und meldet sich krank. Was, krank??? Simi kann das nicht auf sich sitzen lassen und wird auch krank. So krank, dass das Fieberthermometer knappe einhundert Grad misst!!! Natürlich nur in Fahrenheit, aber trotzdem ausreichend dramatisch, dass es Simi bei der Entscheidung auch noch von der Stiege rücklings runterknallt. Und wieder ist Heidi zur Stelle, die dem Mädel mit einem guten Sicherheitsabstand von acht Metern mental zur Seite steht und heroisch den Kameraassistenten losschickt, um Simone aufzuhelfen. Reicht es eine Klage wegen Körperverletzung am Hals zu haben. Wird schon nichts passiert sein. Ein Indianer kennt keinen Schmerz und ein angehendes Topmodel schon gar nicht.

 

Für Justine, die zwar in der Entertainment-Edition voll in ihrem Element war, und anders als alle anderen wirklich ins Finale will, für die reicht es dann aber nicht. Und das obwohl mich ihre „Chandelier“-Tanzperformance in die guten, alten Zeiten des Volksschul-Bodenturnens zurückversetzte, als ich unbeholfen der Meinung war, ein besonders schönes Rad schlagen zu können, ohne meine Beine mehr als vier Zentimeter vom Boden abheben zu müssen.

„Ich glaube, dass du modeln wirst“, gibt Heidi Justine noch aufmunternd auf den Weg. Zur Not für ein Anästhetikum.

 

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