Es war das wohl längste „Willst du mit mir gehen“-Spektakel aller Zeiten: Das Finale der „Bachelorette“ 2019. Eine gänsehauterzeugende Finalshow mit nur einem Bewerber, weil der Zweite aus Ehrfurcht vor der womöglich plastisch noch umoperierteren Bachelorette-Mutter bei der vorletzten Rosenvergabe sicherheitshalber freiwillig die Kurve kratzte. In Zukunft wird also Günther „Knebelvertrag“ Klum die Teilnahmebedingungen übernehmen, um ein solches Dating-Fiasko zu vermeiden. Hat der sowieso gerade nichts zu tun, jetzt wo die frisch vermählte Tochter sich nicht nur ihrer GNTM-Jury entledigt hat, sondern auch ihres väterlichen Haus-und-Hof-Managers.
Rückblick
Von ursprünglich 21 Männern dürfen in Folge sieben zwei davon (Keno und Tim) mit auf die romantischen Dreamdates. Für Marco gibt es immerhin ein
Mitleids-Dreamdate inklusive ein paar Mitleids-Bussis, weil die Regeln nun mal vorschreiben, dass die Bachelorette auch nach sieben Wochen Kennenlernphase noch immer drei Männer gleichgut zu
finden hat und dabei keinerlei Tendenz verspürt.
Als dann Gerda zu unserer völligen Überraschung Keno und Tim ins Finale befördern will, schiebt plötzlich Polizist Tim den Riegel vor. „Ich habe das Gefühl, dein Herz nicht mehr erobern zu
können“, klagt er ihr sein Leid, wobei das eher dem entspricht, was Gerda im Umkehrschluss ihrem Lieblings-Kieberer vor Wochen hätte mitteilen sollen. Und so wandert ein weiteres Stück Schnittblume auf den Biokompost und mit ihm das Bachelor-Drehbuch, das dem Sender so viele Jahre in seiner Vorhersehbarkeit
treu gedient hat.
Die Geschichte vom dritten Rad am Wagen
Was also tun, wenn der ganze Finalplot plötzlich flöten geht? Man beruft sich auf Sebastian Yotta und denkt sich „Weiter, immer weiter!“ und bestreitet das an Spannung nicht mehr zu übertreffende Finale mit nur einer Person. Zumindest hätte man dabei den vielzitierten Titel „Das große Finale“ in „Das klitzekleine Finale“ abändern können.
Richtig dumm gelaufen ist es für Überbleibsel Marco, der als offensichtlich Drittplatzierter das ganze Abschiedsgespräch zwischen Tim und Gerda auch noch mitanhören darf, um dann von der Bachelorette verkündet zu bekommen, nach dem Mitleids-Dreamdate und den Mitleids-Bussis jetzt nicht auch noch die Mitleids-Rose ausgehändigt zu bekommen. Genug ist genug, um es mit den Worten des österreichischen Altbundeskanzlers Sebastian Kurz auszudrücken.
„Ich fühlte mich verarscht“, resümiert Marco, der im gleichen Moment das sagt, was sich das gesamte TV-Publikum von Polizist Tim denkt. Andererseits hat der in all den Wochen wirklich keine Anstalten gemacht, der schönen Gerda näher zu kommen. Nicht mal, als sich diese beim Abendessen schon fast auf seinen Schoß setzte, um irgendeine Form von Nähe aufzubauen. Auch Gerdas Entscheidung, Gespräche grundsätzlich nur noch in einer Gesichtsdistanz von zweieinhalb Zentimetern zu führen, hat nichts gebracht – Tim wollte weg. Weg aus dem Abenteuerland Bachelorette, wo schlussendlich nur noch Keno einsam und verlassen seine Zelte aufschlägt.
Wird es Keno? Oder Keno? Oder doch etwa Keno?
Wie also befüllt man eine Show, die nur noch daraus besteht, dass eine Person einer anderen eine Blume überreicht? Nichts leichter als das, denkt sich RTL. Haut man ein paar Aufnahmen in Zeitlupe rein, reitet nochmal ordentlich auf der Abfuhr von Tim herum und erzählt das Märchen vom Kandidaten Keno, der sich acht Wochen Harem gegeben hat, nur um kurz vor dem Sieg eventuell doch noch auf den anschließenden Fame zu verzichten. Und schwuppsdibum – sind 45 Minuten um. Und glaubhaft ist es auch noch – steht das Rosen-Annahmeverhältnis aktuell bei 5 zu 15.
Auch Keno zieht das Positive aus der Misere und ergreift in Anbetracht der fehlenden Konkurrenz endlich die Chance, sein hässlichstes im Kasten befindliches Hawaii-Hemd auszuführen. Gerda ist es wurscht. Hauptsache irgendeiner kommt noch zum unangenehmen Sechs-Augen-Gespräch mit Mutter Jolanta. Und wenn es Paul Janke ist. Aber ganz alleine will man aus einem Dating-Format mit über zwanzig Männern dann wirklich nicht aussteigen.
Keno versucht die Konversation in Schwung zu bringen und startet mit einem Zitat Thomas Hayos: „Aufgeregt?“ Cool wäre es gewesen, wenn Mama-Jolanta jetzt „Come on!“ geschrien hätte, aber sie bleibt pragmatisch und meint: „Natürlich aufgeregt, das ist normal!“, womit sie inhaltlich wahrscheinlich nicht auf die Kennenlern-Situation vor vier bemannten Kameras abzielt. Und wo wir schon bei normal sind – meine Eltern haben meine Gspusis beim ersten Kaffeekränzchen nie zu einem furchteinflößenden Vier-Augen-Gespräch gebeten und mich dabei elendslang allein sitzen gelassen. Wobei – bei mir Zuhause in Wien Floridsdorf gab es halt – anders als bei der Bachelorette – auch keine Pferdekoppel, die plötzlich in unserer Gemeindewohnung aufgepoppt ist.
Mama-Jolanta gibt schließlich Pferdeflüsterer Keno ihren Segen. Wunderbar. Haben schon genug Menschen in dieser Staffel aus der Reihe getanzt. Und so überreicht Gerda ihrem Keno nach dem längsten inneren Konflikt aller Zeiten die letzte Rose. Und sie lebten glücklich bis zum Ende des Instagram-Hypes.
Oder zumindest bis Frauke Ludowig zum Wiedersehen bittet und Gerda nochmal unter die Nase reibt, dass sie mit Tim aber auch ganz romantische Momente hatte.
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