Langsam wird es auffällig. Nicht etwa, dass Lijana und Larissa rein zufällig in jeden erdenklichen Streit dieser Staffel verwickelt sind, sondern dass Papa Klum und ONEeins Fab mitsamt Kaderschmiede an jungen talentierten Girls auch noch andere Branchen in Augenschein nimmt, als nur die der ollen Mode. Da Überwindungskraft auf dem Weg dorthin nicht schaden kann, müssen die Models in Folge 13 erst mal fünf Meter tiefer sinken, um sich dann endlich von ein paar zutätowierten Muskelmännern in vermeintlicher Sicherheit zu wägen.
Jobprofil GNTM-Veteranin
Eine Teilnahme bei GNTM eröffnet eine Vielzahl an Job-Perspektiven, wie uns im Laufe der Staffeln immer mehr ins Bewusstsein rückt. Klar ist: der geradlinige Bildungsweg als Model mit Nebenbeschäftigung Influencer – neuerdings auch umgekehrt. Auch der zweite Bildungsweg als Reality-Show-Sternchen oder aber Aussteigerin, die in regelmäßigen Abständen Enthüllungs-Skandale zu GNTM preisgibt, ist nicht zu vernachlässigen. Neu ist heuer die bisher noch nicht mit dem Jobprofil einer GNTM-Veteranin in Verbindung gebrachte Profession der sexy Tanzmaus – steht in dieser Episode schon wieder eine Dance-Challenge auf dem Programm, die mich wahrlich Günther Klums Absichten hinterfragen lässt. Wem auch hier Talent oder Muße fehlt, dem eröffnet sich schließlich noch eine letzte berufliche Anlaufstelle: die der Kosmetikerin. Denn nach 100 Lippenstiften und 50 Shades of Eyeshadow wartet diese Woche noch ein Dyson-Sortiment im Wert einer Volvo-Familienkutsche auf die Mädchen, das selbst Tiger King dazu bewegt hätte, ab und an einen neuen Hairstyle zu wagen.
Erweiterungscurriculum: Blow Job (3 ECTS)
Larissa ist hin und weg von ihrer offensichtlichen Lieblingsmarke „Dyson“, die in meiner letzten Erinnerung noch für überteuerte Staubsauger und Handtrockner gestanden hat. „Kann ja nicht wahr sein – wie ein Traum!“, schwärmt Larissa. Ein Traum, den sie sich schon längst in jeder gut sortierten öffentlichen Toilette hätte erfüllen können, aber man will ja nicht das Schönste gleich vorwegnehmen.
Geschenkt gibt’s auf der Welt aber bekanntlich nichts, weshalb der „Perfect Blow“ auch gleichzeitig für einen Job steht, um den die Models jetzt kämpfen dürfen. Es geht um die Markenbotschaft von – oh Wunder – Blasebaron „Dyson“, die jedoch ohne zu Sprechen verrichtet werden soll. Nicht unüblich. Dafür sollen die Models ihre Personality zur Schau stellen, die dem Kunden nach erster Begutachtung von keinem einzigen Mädchen gefällt. Beste Voraussetzungen. Dürfte Spaß und Freude in der Haartrockner-Szene gerade nicht besonders angesagt sein, jetzt wo die Menschen dank Quarantäne-Haarentfettung nicht nur auf Shampoo, sondern auch auf Hitze-Föhns verzichten. Da kommt Larissa wie gerufen, denn die hat Stress mit Busenfreundin Jacky. Hat die ihr tatsächlich den Lockenstab stibitzt und das obwohl Larissa ihn vorher schon mit einem imaginären Urinstrahl für sich markiert hatte. Eines von den anderen 40 Geräten zu benutzen, kommt für Larissa selbstverständlich nicht in Frage – geht es hier um den Gemeinschaftssinn, weshalb sie gemeinschaftlich mit Lijana beschließt, Jacky fortan zur Persona non grata zu deklarieren. Blöd nur, dass Jacky nach Larissa dran ist und mit noch schlechterer Laune und knallrotem Gesicht klarerweise den Job einheimst.
Freude von der Konkurrenz gibt es nicht für Jackys Erfolg. Und das obwohl die Arme aktuell von dramatischen Schicksalsschlägen geplagt ist. Windhund Chester ist krank. „Geht’s ihm gut?“, ruft Jacky hoffnungsvoll in die Telko mit der Schwester hinein, die sich über das überschäumende Interesse an ihrer Person freuen wird. „Ihm geht es gut“, ergreift die Schwester solidarisch für Windhund Chester das Word, wobei es fraglich ist, wie gut es einem mit einem Körperfettanteil unter der Nachweisbarkeitsgrenze gehen kann, sofern man nicht Amal Clooney oder Victoria Beckham heißt. Während dem TV-Publikum noch ein großer Stein vom Herzen fällt, dass Chester wohlauf ist, sorgen Larissa und Lijana für die nächste Eskalation. Lijanas Mutter ist schwer krank, weshalb Lijana annimmt, dass dies die Dramatik eines kranken Hundes übersteigt. Nicht aber für Jacky, die sich in einer imaginären Wahl, wessen Leben sie retten würde, zwischen Hund und Mensch nicht entscheiden könnte. Nachvollziehbar – sind viele Menschen auch Schweine, machen sich zum Affen oder haben einen Vogel – wo also die Grenze ziehen? Lijana sieht das anders, weshalb sie nach Nadine jetzt von Jacky menschlich mit Abstand am meisten enttäuscht ist. Ausgelöst durch den Klau eines überteuerten Lockenstabs. Und dann wundert man sich, wenn die junge Generation heutzutage keiner mehr ernstnimmt.
Erweiterungscurriculum: Augen zu und durch (4 ECTS)
Für das Foto-Shooting der Woche müssen die Models einen Sprung vom Fünf-Meter-Turm wagen. Nass werden sie dabei – zumindest laut Plan – nicht. Ein paar Seile fangen sie vor ihrem Aufprall auf dem Boden der Tatsachen ab. Jacky, immer noch erschüttert von dem ausgemergelten Blick ihres Hundes und den nervenzehrenden Diskussionen mit Larissa, beschließt den Streit nicht in das Shooting mitzunehmen. Dafür ist ja auch Prosieben da, das den finalen Show-Down zwischen Jacky und Larissa im Split-Screen begleitet. Und so springen beide gleichzeitig, wobei Larissas Leistung auch vom bedröppelten Chester nicht viel schlechter hätte erbracht werden können. Andererseits hätte es vielleicht geholfen, den Models keine Tagesdecke an Fake-Haar über den Kopf zu stülpen und stattdessen die Haare zusammenzubinden, um eine eventuelle Foto-Trefferquote zu erhöhen, aber das ist wahrscheinlich Haarspalterei. Auch Heidi glaubt nicht, dass Larissas schlechte Leistung daran liegt, dass ihr halbnackter Schritt Gefahr lief, im Fernsehen entblößt zu werden und stellt Nachforschungen an. Kann sie Quengeleien unter ihren Mädchen auch 450 Meter gegen den Wind riechen. Also bittet sie Larissa Bericht zu erstatten, nur um danach darauf hinzuweisen, dass das hier immer noch ein Wettbewerb ist und man sich mit solchen Belanglosigkeiten nicht aufhalten sollte. Außer Heidi fragt, dann natürlich schon.
Privatissimum: Lustspiel (8 ECTS)
Da auch Heidi dieses ständige Auf- und Ablaufen langsam anödet, wird zur Entscheidung zur Abwechslung einmal wieder getanzt. Vielleicht aber auch eine Image-Strategie, dass Sender-Konkurrent RTL die Topmodels auch einmal für seriöse Sendeformate wie „Let’s Dance“ andenkt und nicht gleich zum „Bachelor“ oder Dschungelcamp verschachert. Das mit dem „seriös“ verabschiedet sich aber sogleich, als offensichtlich wird, dass die Tanzperformance ausschließlich mit Overknee-Boots und Leder-Strapsen zu absolvieren ist. Bei so viel sexueller Energie wagt sich sogar Pussy-Cat-Doll Nicole Scherzinger nach ihrem Lewis-Hamilton-Debakel endlich wieder in die Öffentlichkeit. Und zwar nur, um die Mädchen mit bestem Wissen und Gewissen zu unterstützen – nicht etwa, weil die „Pussy Cat Dolls“ zurück sind, die, wie wir lernen, für Inklusion, Liebe und Akzeptanz stehen – nicht etwa für Lack, Leder und Lustspiel, wie fälschlicherweise von mir angenommen.
Heimlich, still und leise stellt sich Nicole also in den Probenraum, in dem die Models gerade lernen, wie sie einen Sumo Squat mit ein bisschen „Hairography“ so richtig sexy aufpeppen können. Mutig für einen Star, dessen größter Hit im Jahr 2005 viral ging, als man hinter dem Namen TikTok höchstens einen jüngeren Ableger des Uhren-Monopols „Swatch“ vermutet hätte. „I am so excited, cause tomorrow I’m gonna judge you“, eröffnet Nicole das Gespräch mit den Models. So viel also zu Liebe und Akzeptanz.
Masterprüfung (15 ECTS)
„Ich hoffe, dass wir nicht nur viel Haut sehen, sondern auch eine große Portion Frauenpower“, verkündet Heidi am Entscheidungstag und hätte dem Stylisten vorab vielleicht einmal kurz über die Schulter schauen sollen. Selbst Nicole muss beim Anblick der Girls zugeben: „OK. This is a lot!“, und das von einer Frau, die selbst für Overknees jederzeit auf das Tragen einer adäquaten Hose verzichten würde. Und so muss Vivian, deren Sexappeal sich auch in 13 Wochen nicht vom „Eiskalte Engel“-Mauerblümchen Cecile zu einer Dita Von Teese transformierte, das Feld räumen. Wenig überraschend, vor allem, wenn Prosieben so wiff ist, die vier Finalistinnen unabsichtlich via Twitter bereits verkündet zu haben.
Kommentar schreiben