Halbfinale! Zumindest glauben das die Mädchen. Heidi aber, die liiieeebt Überraschungen, weshalb die Überraschung des Tages jene ist, dass sich die Models statt im Halb- nur im Viertelfinale befinden. Und ihnen das bis zur letzten Klappe dieser Episode keiner sagen wird. Schön! Da es für die Models für’s Erste nicht nach Hause geht, kommt als Entschädigung ein Stückchen Heimat zu ihnen nach Los Angeles und beantwortet uns endlich die Fragen aller Fragen bezüglich Lijanas spezieller Persönlichkeit: Ja, es liegt in der Familie.
Road to perdition
Nachdem GNTM-Urgestein Thomas Hayo den Models in der vergangenen Woche einen Besuch abgestattet hat, starten wir die 15. Folge gleich mit etwas mehr Anglizismen als sonst. Befinden sich die Models jetzt nämlich laut eigener Angabe auf der „Road to the final“ – wenngleich dieser Roadtrip in einer Sackgasse münden wird. Denn Heidi denkt nach ihrem „Making the Cut“-Flop gar nicht daran, dieser Staffel jetzt schon ein Ende zu bereiten, was sie trotzdem nicht davon abhält, ihre Mädchen weiterhin in dem Glauben zu belassen, sich jetzt in ihrem Schlusssprint zu befinden. „Schelmi ist da“, wie die noch vollständige Ösi-Gang sagen würde. Um die Maskerade des Halbfinales aufrecht zu erhalten, ist auch Chefredakteurin der deutschen „Harper’s Bizarr“, wie die Stimme aus dem Off gerne betont, Kerstin Schneider, mit an Bord. Es geht um das vielzitierte Covershooting, oder in anderen Worten darum, sich als Neo-Topmodel der Welt zu präsentieren. Weshalb bei Lijana ausschließlich die Rückseite fotografiert wird. Hat sie sich in den letzten 15 Wochen nun wirklich genug inszeniert und man will die Kundschaft im Fall der Fälle ja nicht sofort verschrecken.
Weil Retro total in ist, müssen die Girls Kult-Cover vergangener Jahrzehnte nachahmen. Grundsätzlich eine schöne Idee, es sei denn, man bekommt einen gigantischen Sonnenhut über den Kopf gezogen und kann sich der Welt höchstens als Anonymous offenbaren. So passiert bei Larissa, deren Kinnpartie leider längst nicht an den Wiedererkennungswert ihrer Nasenlöcher herankommt, weshalb ihr potentielles Sieger-Cover auch das Abbild einer jeden anderen vollbusigen aber schlanken Mitteleuropäerin hätte sein können. Jacky hat es da schon besser – ihr Gesicht ist zumindest klar zu erkennen, wenn auch der Valencia-Instagram-Filter, den der Fotograf ohne Rücksicht auf Verluste über alle Bilder stülpt, den Unterschied zwischen Haut- und Wandfarbe nicht mehr erkennen lässt. Hat man Heidis Dauer-Mahnung so wandelbar wie ein Chamäleon sein zu müssen, eindeutig zu viel Bedeutung beigemessen.
Als man noch Langstreckenflüge für einen Wochenend-Trip auf sich nahm
Larissa ist nach ihrem mehrminütigen Cover-Shooting sichtlich erschöpft. Konnte sie nicht alles von sich preisgeben – im wahrsten Sinne des Wortes. Doch keine Sorge! Wartet in der Modelvilla ein ganz besonderes Trostpflaster: Märchenprinz Mike mitsamt gestreifter Badeshorts, die in meiner Anwesenheit sogleich Bekanntschaft mit einem dieser amerikanischen Shredder-Waschbecken gemacht hätte. Die Weisheit mit dem Löffel gefressen dürfte der gute Mike bedauerlicherweise auch nicht haben, allerdings trifft das auch auf den zumindest etwas ansehnlicheren Anastasia-Boyfriend Kenneth zu. Der hat die Ehre, seine Liebste sogar vom Set abzuholen. Kaum angekommen, wird ihm sogleich ein dicker Schmatzer aufgedrückt. Zwar nicht von Anastasia, aber von Heidi. Das ist in gewisser Weise sehr freundlich, aber auch ein Anreiz, unsere Prä-Corona-Begrüßungszeremonien vielleicht auch nach überstandener Pandemie neu zu überdenken und diese künftig mit einem Hauch mehr Mindestabstand zu praktizieren.
Andererseits fallen auch die anderen Begrüßungen in der Modelvilla teils überschwänglich aus. Jacky etwa fällt ihrer Schwester um den Hals, als wäre diese extra in die Gefahrenzone des Gazastreifens gereist, um ihr die frohe Kunde ihres wieder gesundeten Windhunds zu überbringen. Da lob ich mir doch die Österreicher, die immer wissen, wie eine solide Begrüßung vonstatten zu gehen hat. „Hallo, i bin der Franz, der Papa von da Sarah“, stellt sich Austro-Anhang Nummer eins vor, dessen erste Amtshandlung in der Modelvilla selbstredend ist, der Tochter ein Wiener Schnitzel mit Schweineschmalz in der Pfanne rauszubraten. Wenige Tage bevor sie einen Model-Contest gewinnen soll. Aber solange sie kein Achterl Veltliner dazu trinkt, ist ja alles im grünen Bereich. Das andere österreichische Familienmitglied wartet indessen andächtig in einem Saustall von Teenager-Schlafzimmer. „Sie hilft mir oft aus der Scheiße“, stellt Maureen ihre Schwester vor und rundet das Klischee, dass wir Österreicher anscheinend bis heute unser großes Geschäft in Schluchten verrichten, zur Gänze ab.
Wenn Uwe Krögers Modestil plötzlich an Geschmack dazugewinnt
Der letzte Familien-Besuch aus Österreich wartet nicht in den Hollywood-Hills sondern auf der Mailänder-Fashionweek. Einer Brutstätte des Coronavirus, die leider Philipp Plein nicht davon abhalten konnte, noch mehr Geschmacklosigkeiten aus dem Ärmel zu schütteln. Tamara, die Unglückselige, wurde höchstpersönlich vom Lothar Matthäus der Design-Riege auserwählt, um bei dessen Selbstdarstellungs-Event der Superlative über den neun Minuten langen Catwalk zu sprinten. „Da könnte ich entdeckt werden!“, jubelt sie, nachdem sie 15 Wochen in Folge den Donnerstag-Hauptabend im deutschen Fernsehen bespielt hat.
Die Sache hat jedoch einen Haken: Läuft sie diesen Kostümkarneval nur, wenn sie es schafft, die von Philipp Plein sorgfältig ausgesuchten „jello“-Schuhpark-Nutten-Sandaletten anzubehalten und dabei sich weder etwas zu brechen, noch zu erbrechen. Kein leichtes Unterfangen, dem Philipp Plein inklusive Guillotine-Handgeste nach nur wenigen Versuchen ein Ende setzt. Kann man so gequält doch kein von ihm kreiertes Leoparden-Kleid präsentieren, jetzt wo Wildkatzen wieder richtig im Trend liegen? Andererseits hätte ich zur Untermauerung dieses Arguments nicht Jada Pinkett Smith eingespielt, die sich über den Catwalk hievt, als hätte man die mit Totenköpfen übersäte Biker-Uniform mit Ziegeln statt mit Strass bestückt. Weil auch Philipp Plein irgendwann zugeben muss, dass die Hälfte seiner Halbprominenten mindestens genauso talentbefreit über den Laufsteg schreiten und dabei auch noch eine fette Gage kassieren, gibt er Tamara eine letzte Chance und mit dieser ein Paar flache Boots. Oben drauf gibt’s ein bitterböses Läster-Video, das Heidi sich nicht nehmen lässt, bei der Entscheidung vorzuspielen. Zu allem Überfluss dürfte man Gastjurorin Coco Rocha vor Drehbeginn auch noch das dringend notwendige Snickers verweigert haben, weshalb diese nach der Wutrede von Petit-Philipp dem Nachwuchsmodel auch noch verbal eins überzieht. Zieht Tamara, laut Coco, nämlich mit ihrer unprofessionellen Art die Model-Branche in den Dreck! Nicht etwa Fashion-Verbrecher wie Buffalo, Ed Hardy und Co., deren pandemieähnliche Ausbreitung in meinen Augen die weit höheren Konsequenzen im Sinne des gesellschaftlichen Ansehens mit sich brachten.
Finaaaleee! Oder auch nicht.
Der restliche Entscheidungswalk verläuft vergleichsweise unspektakulär. Bis auf Maureen, dessen Brust vom Kleid des Designers August Getty brach gelegt ist. „Du strahlst nicht nur mit deinem Lächeln“, lobt Heidi und muss dabei vom funkelnden Nipple-Patch sprechen, das die tragende Aufgabe übernommen hat, den Busen der 20-jährigen noch einigermaßen stilvoll zu bedecken. Auch für Konkurrentin Lijana findet Heidi passende Worte: „Ich habe in all den 15 Staffeln kaum ein Mädchen kennengelernt, das so viel Ehrgeiz hat wie du!“ „Dankeschön!“, freut sich Lijana und wertet das offensichtlich als Kompliment. Abschied nimmt die Modelmama schließlich vom Inkognito-Covergirl Larissa – hat die zwar ein Kleid bekommen, in das man beide Brüste hätte stopfen können, entschied sich dann aber doch dazu, einer gut zirkulierenden Atmung den Vorzug zu gönnen.
„Fiiiinaaaaleee!!!!“, jubeln die verbliebenen Sechs backstage. Und ahnen noch nicht, dass Heidi nach dem Vanessa-Stanat-Skandal des Vorjahres nicht nur neue Verträge aus dem Hut zaubern wird, sondern auch eine extra Elimination. Überraschung!!!
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